Ein Tag in einer arabischen Wohnung

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Montag, 11. September 2017, 23.07, Nazlat Al Batran, Kairo

Vielleicht ist es ja das Datum. Jedenfalls wache ich erschöpft mit Kopfschmerzen auf, und spüre eine leichte Erkältung. Bei Lysander messen wir nach dem Frühstück schon 38.5°C. Also heute wird es nichts mit den Pyramiden.

Morgens kommt sogar ein angenehm kühler Wind von draußen herein, und wir konnten die Klimaanlage Nachts abstellen. Es ist tagsüber immer noch 37 Grad, aber morgens um 6 sinkt das Thermometer auf 21 Grad herab.

Ich gehe morgens früh vor die Tür, um meine Telefonkarte aufzuladen. Unser Vermieter steht schon vor draußen, vor seinem Souvenirladen und begleitet mich. Er hat schon recht, der Kioskverkäufer versteht mich nicht, er kann kein Wort Englisch. Aber zugleich sehne ich mich danach wieder mal ohne Begleitung durch die Straßen zu laufen. Doch ich glaube ihm, mit Begleitung ist es leichter: Wir wohnen ja direkt am Eingang zu den Pyramiden. Wahrscheinlich gibt es in ganz Ägypten keinen Ort mit mehr Leuten, die versuchen etwas Geld mit den spärlichen Touristen zu verdienen. Kamele, Kutschen, Pferde, Tourgides, Öle, Papyrus, Parfüme, Souvenirs, das ganze Programm.

 

Wir machen mit den Kindern Krankenlager und Homeshooling, Bastelstunde und es gibt „Cars“ auf Englisch zur Entspannung für alle. Es ist schon merkwürdig in diesen arabischen Wohnungen, wo alles verdunkelt ist und dann mit Neonlicht wieder erhellt, während es draußen superhell ist. Aber klar, es hat seine Logik: Fensterläden halten die Sonne ab, die die Zimmer erhitzt und natürlich, es darf ja auch niemand etwas sehen, sonst müssten die Frauen ja auch noch zuhause verschleiert herumlaufen. Für uns ist und bleibt es dennoch merkwürdig, ein Wohnzimmer etwa ohne Fenster. Nadine sagt, das ist einer der schrägsten Orte an denen ich je gewohnt habe.

Ich schlafe nachmittags noch mal und versuche mich zu erholen. Ich denke auch gelegentlich: Die Schulpflicht ist schon eine gute Erfindung. Wie so vieles in unserer Welt der Arbeitsteilung, führt die Spezialisierung und Professionalisierung, mit der wir unserer Welt organisieren zu höher Effizienz. Und Kinder können schon erstaunlich kreativ sein, wenn sie zu etwas keine Lust haben…

Aber zugleich reizt es mich weiter, das Muster zu unterbrechen und mal alles selbst zu machen. Auch in der Fremde sind wir gut ausgestattet und vorbereitet, und so entsteht ein neuer Alltag in einer ganz anderen Situation. Und die kleinen Freuden, wenn es funktioniert. Die Kleinen sind eh immer erstaunlich kreativ und bauen zwischen den Betten mit Decken und Isomatten ein Haus und spielen Mama und Papa mit den Kuscheltieren.

Lysi ruht sich aus, und Velis lernt weiter mit dem Sofatutor. Es hat mich überzeugt, wir haben das lebenslange Premium-Abo für 999 € für mit einem Monat Probezeit abgeschlossen.   Wir haben noch vier Kinder durch die Schulzeit zu bringen, und ich gebe es ehrlich zu, schon die einfachsten Dinge wie halbschriftliches Dividieren oder Wortarten in der Grammatik bekomme ich nicht hin.

Aber es macht Spaß, wenn sich die ganze Familie vor einen didaktisch super gemachten Clip setzt und wir danach online die Testfragen gemeinsam lösen. Ich glaube, das Online-Lernen in Kombination mit einem Lehrer vor Ort hat eine große Zukunft vor sich. Und Berliner Startups unterstütze ich gerne, wenn sie eine gute Idee haben.

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Abends wagen wir uns noch mal heraus: Wir holen Pizza und essen alle gemeinsam auf der Dachterrasse auf Isomatten, mit dem Blick auf die Pyramiden. Danach beginnt wieder die große Multimedia-Show in verschiedenen Sprachen. Die Pyramiden leuchten schön angeleuchtet auf.

Als die Kinder schlafen, sitze ich mit Nadine noch mal oben und wir reden über die kommende Zeit. Freitag geht es ja schon frühmorgens nach Namibia. Dort ist es nachts viel kühler, und wir haben es auf eine Art ganz anders komfortabel, in einem Wohnmobil. Dafür sind wir viel näher an der Natur und unabhängiger. Ägypten und Namibia sind ähnlich groß, Ägypten hat 80 Mio, Namibia 2 Mio. Einwohner. Ich freue mich auf den Kontrast.

Mal sehen, vielleicht schaffen wir es morgen zu den Pyramiden hinein?

 

 

 

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